Travis, Anja & Mel Schwendemann & Schönbächler
Tag 75, 30.07.23
Blåfjell bei Sonnenschein
Anja:
Wir erwachen in einer neuen Welt. Die Sonne scheint bereits morgens um 06.00 Uhr durchs Fenster und taucht alles in ein freundliches Licht. Nach unserem Standard-Frühstück (Knäckebrot, Butter, Konfi, Honig, Kaffee und heisse Schoggi) packen wir unsere Rucksäcke und fegen die Hütte. Anschliessend setzen wir uns an die Sonne und nutzen noch ein letztes Mal das WiFi von Gjefsjøen. Gleichzeitig warten wir auf Christian, den Besitzer des Gutes, damit wir die Übernachtung noch bezahlen können. Der gute Mann war gestern Abend bei unserer Ankunft zwar freundlich, aber sehr kurz angebunden. Heute ist offenbar auch er in einer anderen Welt erwacht. Er zeigt sich sehr gesprächig und interessiert an unserer Tour. Wir wiederum sind fasziniert von seinem Leben so weit weg von der Zivilisation. Bis zur nächsten Einkaufsmöglichkeit sind es im Sommer 150 km mit Boot und Auto. Im Winter fällt die Shoppingtour etwas kürzer aus. Mit dem Schneemobil ist Snåsa nach 35 km Fahrt erreicht. Christian betreibt einen Bauernhof mit 60 Schafen und vermietet nebenbei 4 Hütten. Trotz gelegentlicher Übernachtungsgäste dürfte es ein sehr einsames Leben sein. Er erzählt uns, dass er via Facebook eine Lebenspartnerin gesucht hat. Innerhalb eines Tages haben sich die zwei grössten Zeitungen Norwegens bei ihm gemeldet und wollten darüber berichten. Leider hat es mit der Partnerin trotz der medialen Aufmerksamkeit nicht geklappt. Mit einem schüchternen Lächeln Richtung Mel meint er abschliessend: „Wenn du nach deiner Tour nicht weisst, was du mit deinem Leben anfangen möchtest, komm einfach hier hin zurück.“ Sie hat ihm offenkundig spontan gefallen 😊. Er kann ja nicht wissen, dass Mel ihr Herz bereits an einen anderen Mann verschenkt hat.
Nach dem netten Gespräch machen wir uns auf den Weg. Die ersten 4 km bewegen wir uns auf einem gut markierten Wanderweg. Dieser steigt stetig an, so dass wir schon sehr bald einen wunderbaren Blick zurück auf die Seen und den Wald haben. Auf einer Anhöhe lösen wir uns dann vom Weg und gehen nun wieder querfeldein. Auch heute halten wir uns an den enorm hilfreichen Routenbeschrieb von Martin. So sind wir zwar weglos, aber niemals orientierungslos.
Während das Gelände zu Beginn gelegentlich noch sumpfig ist, trocknet der Untergrund später zunehmend ab und wir kommen etwas besser voran. Dennoch sind wir während der Mittagspause etwas ernüchtert, dass wir noch nicht weiter sind. Wahrscheinlich brauchen wir sogar einen Tag länger als geplant bis Røyrvik.
Nach der Pause ändert sich die Gegend erneut. Jetzt können wir über richtige Felder von Steinplatten gehen. So kommen wir natürlich viel besser voran! Die Stimmung steigt sogleich auch wieder. Es ist einfach so: beim Fernwandern liegen Freud und Leid extrem nahe beisammen.
Leider bleiben uns die Steine nicht ewig erhalten. Gegen Ende des Tages kämpfen wir uns mal wieder durch sumpfige Abschnitte und niedrige Büsche. Das kostet Kraft (von der wir jetzt nicht mehr allzu viel haben…). Unserer Glückssträhne nimmt dann aber nochmals Fahrt auf, als wir gegen 19.30 Uhr einen ebenen, trockenen Zeltplatz ganz in der Nähe eines kleinen Flusses finden. Perfekt! Hier bleiben wir und erholen uns für den nächsten Tag im schönen Blåfjell. Mal sehen, ob das Wetterglück noch einen Tag hält.
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