Tag 66, 21.07.23
Kleine Dinge ganz gross
Mel:
Der Blick am Morgen aus dem Fenster zeigt einen Nebelvorhang mit kaum Sicht. Kurzum kein Wetter, das sehr motivierend und lockend wirkt.
Auf die heutige Tour bin ich sehr gespannt, denn im 2018 sind wir dies bereits gelaufen, einfach in umgekehrter Richtung. Damals war es der erste Tag einer Mehrtageswanderung auf dem südlichen Kungsleden. Dieser Tag ist bei uns beiden sehr durchzogen in der Erinnerung. Wir hatten schlechte Wege, die man nicht immer erkannt hat, es hat geregnet und insgesamt war es unglaublich anstrengend.
Gestern habe ich Frieden mit der Fjällstation Blåhammarens geschlossen, heute bin ich interessiert daran herauszufinden, ob meine Erinnerungen an den Weg realistisch sind oder ob das alles gar nicht so schlimm ist.
Die Vergleichsmöglichkeit ist mit dem Wetter schonmal gegeben. Es ist nass, nicht nur von oben sondern auch die Wege sind teils überschwemmt. Der Nebel, der oben bei der Fjällstation noch sehr dicht war, lichtet sich je weiter wir nach unten gehen. Ich erfreue mich an einer Rentierherde, die mit ihren Jungtieren etwas entfernt von uns nach Nahrung sucht.
Es geht nicht lange und ich bin bis zur Hüfte nass, denn die hochgewachsenen Büsche sind so voller Regenwasser und Morgentau, dass dies beim Passieren der Wege schnell von meiner Hose aufgenommen wird.
Zum Glück wird der Weg nach einer Weile etwas besser, so dass wir etwas zügiger vorankommen.
Wir machen eine kleine vorgezogene Mittagsrast nach dem ersten Abstieg, denn hier gibt es eine kleine Grillhütte, die zum Rasten einlädt. Da wir hier vom Wetter geschützt sind und nachher keine solche Möglichkeit mehr kommt, nützen wir die Gelegenheit.
Nach der Pause führt der Weg stetig nach oben. Während Anja voran geht, laufe ich etwas gemächlicher hinterher. Bald entscheide ich mich, meine Konzentration nicht auf den Anstieg zu legen, sondern auf die kleinen Dinge am Wegesrand, die es zu entdecken gilt. So bin ich bis nach Storvallen ständig am Ausschau halten nach kleinen Schätzen. Diesen möchte ich heute meine Aufmerksamkeit schenken. Ich entdecke wunderbare Blumen und noch so kleine Besonderheiten der Natur. Es macht mir richtig Freude, einige dieser Beobachtungen mit der Kamera festzuhalten. Es sind die kleinen Dinge, welche die Welt zu so einem spannenden Ort machen...
Als ich fast am Ende des Wanderweges wieder auf Anja treffe, fragt sie mich, ob ich weiss warum wir das letzte Mal so Mühe mit dem Weg hatten. Ich kann das klar mit einem "Ja!" beantworten.
Wie vor einigen Jahren, war es heute auch am regnen. Mal mehr mal weniger. Der Weg war teils mehr Sumpf als gehbare Wege. Obwohl erneut Planken ausgelegt waren (teils in furchtbaren Zustand). Wenn es nun deine erste Wanderung in Skandinavien ist und dir nicht bewusst ist, wie die Wanderwege hier sein können, dann kann es auch sein, dass du den Weg nicht erkennst. Zudem sind bei diesen Konditionen die Steine, sowie auch die Holzbretter unglaublich rutschig und deine Schuhe nach 10 Minuten durchnässt, was die Sache absolut schwierig macht.
Würde mich heute jemand fragen, ob er den südlichen Kungsleden laufen soll, würde ich sofort ja sagen, ihm/ihr jedoch für den ersten Tag (vor allem bei Regen) eine alternative Wegwahl empfehlen.
Nach Storvallen laufen wir alles der Strasse bis nach Storlien, wo wir durchnässt bis zur Unterwäsche und stehend vor Dreck unser Hotelzimmer beziehen. (Auf dem Foto leider nicht, oder nur schwer zu erkennen: Wir tropfen beinahe die Eingangshalle voll und der Sumpf steht bis zum Knie auf der Innenseite der Hose.) Hier werden wir für zwei Nächte bleiben. Morgen legen wir einen Pausentag ein, denn die nächste Gelegenheit für eine Pause nach Storlien wird nicht so bald folgen.
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