Tag 12, 28.05.23
Vom Paradies ins Abenteuercamp

Anja:
Über die nächsten zwei Tagesetappen haben wir lange debattiert. Sollen wir es wagen, in höhere Lagen aufzusteigen? Wie mag es mit dem Schnee aussehen? Und sind die eingezeichneten Wanderwege auch wirklich vorhanden? Unsere einschlägige Erfahrung mit norwegischen (und schwedischen) Wanderwegen hat uns vorsichtig werden lassen. Nur weil auf einer Karte eine gestrichelte Linie eingezeichnet ist, muss das noch lange nicht bedeuten, dass man den Weg im Gelände auch wirklich erkennt…

Gemeinsam beschliessen wir, das Wagnis einzugehen. Wir werden also die nächsten zwei Tage auf obskuren Wanderwegen auf rund 800 MüM hochsteigen und anschliessend die erste DNT Hütte anpeilen. Dann folgt eine Strecke von Hütte zu Hütte, bevor wir für eine ausgedehnte 2-Tagesrast nach Dalen absteigen werden. Soweit der Plan.
Am Morgen des 12. Tages ziehen wir frohen Mutes los. Wir freuen uns, dass wir bei schönstem Wetter auf einer angenehmen Forststrasse unterwegs sein können. Die Strasse steigt steil an und ist gesäumt von Schneemobilen, die hier offenbar bereits auf den nächsten Winter warten. Ich denke die ganze Zeit an meinen Göttibueb Colin. Er wäre fasziniert von diesen coolen Schlitten.
Je weiter hoch wir kommen, umso glücklicher werden wir. Es ist eine ganz andere Erfahrung, fernab des Strassenlärms zu laufen. Spätestens als wir beim wunderschönen See Hovatn ankommen, wähnen wir uns im Paradies.
Kaum lassen wir den Hovatn hinter uns, ist auch die Forststrasse Geschichte. Ab jetzt sind wir auf einem sumpfigen Wanderweg unterwegs, dessen Spuren sich bereits nach wenigen Metern verlieren. Immer wieder sind uns auch Bäche und kleinere Flüsse im Weg, die wir noch ziemlich gelassen durchschreiten. Am meisten Begeisterung legt wie zu erwarten Travis an den Tag: er liebt Wasser in jeder Form und findet es augenscheinlich fantastisch, dass wir so langsam auch auf den Geschmack kommen.
Obwohl wir uns redlich bemühen, kommen wir kaum mehr voran. Das ständige Navigieren mit unserer App kostet Zeit. Zudem haben wir nun eine Höhe erreicht, wo es noch ziemlich viele Überreste von Altschnee hat. Das ist heimtückisch, manchmal fliessen Bäche unter den Schneefeldern durch. Also müssen wir sie umgehen. Als wir endlich die Gegend erreichen, in der wir zelten wollten, ist da nichts zu wollen. Der Grund ist viel zu sumpfig und uneben, hier können wir unser Zelt unmöglich aufstellen. Zudem bläst ein eisiger Wind, wir ziehen Handschuhe und Mützen an.
Ob es uns gefällt oder nicht: wir müssen weiter gehen und irgendwie wieder an Höhe verlieren. Gegen 22.00 Uhr und schon reichlich abgekämpft, wähnen wir uns dem Ziel nah. Bereits seit längerem sehen wir 3 Häuser, welche auf einer kleinen Anhöhe auf der anderen Flussseite stehen. Da hoffen wir auf trockenen Boden, so dass wir unser Zelt stellen können. Aber welche Enttäuschung! Den eingezeichneten Übergang über den Fluss gibt es nicht! Wegen des Schmelzwassers ist dieser ein reissender Strom. Keine Chance, hier irgendwie rüberzukommen.
Auf der Suche nach einer möglichen Passage für die Querung gehen wir ein Stück weiter flussabwärts. Erfolglos. Wir sind alle hundemüde; die Nerven liegen blank. Glücklicherweise entdeckt Mel in einem Waldstück eine trockene und überraschend flache Stelle. Wir zögern nicht lange und bauen hier unser Nachtlager auf. Erstmal raus aus den nassen Sachen und etwas essen. Nach einer Mütze Schlaf werden wir unser Flussproblem morgen mit frischen Lebensgeistern zu lösen versuchen. Für heute haben wir in dieser Gegend mit 16.4 Kilometern genug geleistet.

Uiuiuiui 🙈
Vielleicht wachsen euch ja noch Schwimmhäute 🐟 dann wird’s einfacher mit dem voran kommen 😘😘